Den Ausführungen des Liedes „Warum ist es am Rhein so schön“ konnten die Düsseldorfer bis weit ins 19. Jahrhundert hinein nicht so recht folgen. Dem Rhein als Naturstrom konnte nicht so recht
getraut werden. Er wies mehr Nach- als Vorteile auf, verursachte ständig Besorgnisse und bedrohte im Winter und Frühling die Stadt und ihre Umgebung. Dies gilt natürlich auch, womit wir beim
eigentlichen Thema wären, für Volmerswerth, das seit seinem Bestehen untrennbar mit dem Rhein verbunden ist und heute zwischen den Stromkilometern 732,5 und 735,5 liegt.
Ende des 15. Jahrhunderts, etwa 1488, wurde Volmerswerth an Düsseldorf angeschlossen. Wird Düsseldorf erstmalig zwischen 1135 und 1159 in einem Schriftstück erwähnt, so taucht schon im Jahr 1173
Volmerswerth erstmals urkundlich auf.
Zu einem nicht bekannten Zeitpunkt dürfte vor dem heutigen Stromkilometer 732,5 eine Spaltung des Rheins eingetreten sein, die eine Inselbildung zur Folge hatte. Denn im Jahre 1173 beurkundete
der Kölner Erzbischof Philipp, dass bereits sein Amtsvorgänger dem Nonnenkonvent in Schwarzrheindorf (bei Bonn) „den halben Teil der Insel Volmerswerth“ geschenkt habe.
Ob der Ursprung dieser Rheininsel mit dem damaligen Namen Volmar oder Insula Volmari sogar bis in die Römerzeit zurückreicht oder erst seit karolingischer Zeit (ab dem 8. Jahrhundert) bestanden
haben könnte, ist historisch ungeklärt. Dies gilt auch für die genaue Lage der Stromteilung.
Nach dem Verlauf der rekonstruierten damaligen Uferlinien der Strombahn an der Süd- und Westseite der ehemaligen Insel Volmerswerth und des an ihrer Ostseite entlang fließenden Rheinarms kann
davon ausgegangen werden, dass sich die Insel etwa bis zum linken Ufer des gegenwärtigen Rheinlaufs erstreckte.
Die um 1300 erstmalige urkundliche Erwähnung der Volmerswerther Kapelle könnte dafür sprechen, dass die Insel weiter nach Süden ausgedehnt war. Wegen der Gefahr vor Zerstörung durch den Rhein,
wäre sie wahrscheinlich an anderer Stelle errichtet worden, wenn es sich nicht um einen sicheren Standort gehandelt hätte. Dies gilt umso mehr, da zwischen dem Bestehen der Stromspaltung und der
Kirchennennung ca. 120 Jahre liegen.
Aufgrund der ersten urkundlichen Erwähnung der Kirche ist davon auszugehen, dass sich von dieser in südlicher Richtung noch ein größeres Vorland erstreckt hat, welches im Zuge des Einschneidens
des Rheins in die Fleher Niederterrasse bis auf seine heutige Ausdehnung abgetragen wurde.
Belegbar dagegen ist, dass ein Rheinarm seit dem 12. Jahrhundert östlich an Volmerswerth in gleichmäßigem Abstand zum heutigen Aderdamm vorbeifloss, der als die „Flehe“ bezeichnet wurde und
westlich des Düsseldorfer Südfriedhofs und nordwestlich vorbei an den drei großen Höfen, des Holter-, des Borris- und des Aderhofs, die im 14. Jahrhundert urkundlich in Erscheinung treten, noch
relativ gerade in Richtung Neuss trieb.
Der Rhein-Hauptarm, der sich im Laufe der Zeit zu einem kleinen Nebenfluss entwickelte, mündete vor Neuss in den Rhein. Die Reste dieser Rinne, die oberhalb des linksrheinisches Ortes „Auf den
Steinen“ wieder den Hauptstrom erreichten, sind zum überwiegenden Teil noch deutlich im Gelände bis nach Hamm hinein zu erkennen. Ende des 14. Jahrhunderts waren dort nördlich der heutigen
Südbrücke die großen Bauernhöfe von Hellersberg und Leuchtenberg ansässig. Diese Lage verdeutlicht, dass das linke Stromufer bereits nördlich und östlich dieser Flur verlaufen sein muss. Der an
der Ostseite der Insel Volmerswerth fließende Rheinarm muss so etwa jener Bahn gefolgt sein, die in den Aufzeichnungen für das Jahr 1590 beschrieben worden ist. Da verließ der Rhein seinen
nördlichen Arm und beschränkte sich auf den südlichen.
Durch diese Verlandung dürfte Ende des 16. Jahrhunderts die Insel Volmerswerth nach einem Hochwasser von der Landkarte verschwunden sein, auch wenn noch ein „Bach“ für etwa 200 Jahre erhalten
blieb.
Vielleicht war die Insellage nach dem Hochwasser von 1590 doch noch vorhanden, was Ortsbezeichnungen wie „Wolmarinsula“ oder „auff dem Volmerßwerth“ aus den Jahren 1667 und 1669 ebenso belegen
würden wie die Nachricht, dass Flehe noch zu Beginn des 18. Jahrhunderts an einem befischten Gewässer gelegen habe. Ein Teil der Wasserfläche hat sich bis um die Mitte des 19. Jahrhunderts
erhalten, und bei Hochwasser wurde dieser verlandete Rheinarm vor allem aus Richtung der am Südrand von Hamm liegenden Mündung überflutet.
Der mit der Verlandung des Rheinarms verbundene Landgewinn war enorm. 1590 wurde von der Regierung in Düsseldorf ein Landrentmeister (Finanzverwalter) beauftragt, den Auswuchs aus einem schon
früher aus Mittelsand hervorgegangenen und befestigten Inselbereich, genannt „Der Draap“, zu vergrößern.
Der Draap ist Hammer und Volmerswerther Geschichte. Er ist zwar die nördliche Fortsetzung des Volmerswerther Stadtteils, wurde aber von allen Anwohnern urbar gemacht. Drap ist gleichzusetzen mit
Sumpfboden, also versickerndes Wasser und daraus entstehendes Poldergebiet, das letztendlich durch die Sedimentstoffe, die der Rhein in Jahrhunderten ablagerte, sehr fruchtbar wurde. Der
natürliche Feind war das Hochwasser, welches den Drap bedrohte. Erst im 19. Jahrhundert, nach der Befestigung der Deiche, wurde dieses Gelände gesichert.
Quelle: Baum, Heinz / Schneider, Heiner u.a.: insula volmari - Volmerswerth. Düsseldorf-Volmerswerth 1999, Seite 16-19
© Mit freundlicher Genehmigung von Andreas Schneider.